Einheimische Schlangen Einführung
In Baden-Württemberg leben fünf Schlangenarten. Am weitesten verbreitet
sind Schling- und Ringelnatter. Die kälteverträgliche Kreuzotter kommt
infolge des milden Klimas Südwestdeutschlands nur in "rauhen"
Gebieten mit reichlich Niederschlägen vor und ist dort nur lokal anzutreffen.
Die Askulapnatter ist in einem kleinen Gebiet im Nordwesten Baden-Württembergs
heimisch' während die Aspisviper nur lokal im Südschwarzwald lebt;
sie gehören zu den seltensten Schlangen Deutschlands und sind vom Aussterben
bedroht. Die Schlangen sind durch fortschreitende Landschaftsveränderung
(Bebauung, Straßen) und Kultivierung (Nutzungsänderung, Flurbereinigung,
Beseitigung von Strukturen,
Intensivierung von Land- und Forstwirtschaft) bedroht. Auch die direkte Verfolgung
durch Totschlagen, unter der Schlangen besonders zu leiden haben, kann individuen-arme
Bestände zum Aussterben bringen. Die angeblich angeborene, aber unbegründete
Angst vor unseren Schlangen sollte sich in Toleranz gegenüber dieser Tiergruppe
wandeln, die ja auch ein wichtiger Bestandteil des ökologischen Gefüges
und der Nahrungskette darstellt.
Das vorliegende Arbeitsblatt stellt in kurzer und übersichtlicher Form die für viele unbekannte Schlangenfauna dar. Die Aufnahmen sind nur grobe Anhaltspunkte, da diese Tiere beträchtliche Zeichnungs- bzw. Farbschwankungen aufweisen können.
Beschreibungen
Kreuzotter (Vipera berus)
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Beschreibung:
bis ca. 75 cm; Männchen grau, Weibchen braun, dunkles Zickzackband auf
der
Oberseite, das auch schwach ausgeprägt bzw. fehlen kann. Pupille senkrecht,
Schuppen gekielt.
Vorkommen:
(siehe Karte) in den rauhen Lagen des Schwarzwaldes und der Alb, in den Mooren
Oberschwabens und im Allgäu. Im nördlichen Baden-Württemberg
und im Rhein- und Neckartal
gibt es keine Vipern (Verwechslung mit Schlingnatter). Bevorzugte Biotope sind
Waldsäume in
ungestörten Feuchtgebieten, Moore, Heiden über ca. 600 m NN. Starker
Rückgang in den letzten Jahren.
Nahrung:
Mäuse, Frösche, auch Eidechsen.
Sonstiges:
Beißt nur, wenn ergriffen oder beim Drauftreten. Die meisten Bisse verlaufen
ohne Komplikationen. Keine Todesfälle bei uns seit über 30 Jahren.
Bei Biss ruhig bleiben und baldmöglichst Arzt aufsuchen.
Kreuzotter (Vipera berus)
Diese schwarze Farbvariante kommt häufig bei Kreuzottern vor. Im Volksmund werden sie als "Höllennatter" oder als "Schwarze Viper" bezeichnet. Es ist keine spezielle Rasse; unter den Jungtieren können auch normal gefärbte graue oder braune Tiere auftreten. Warum diese lackschwarzen Tiere in vielen Biotopen überwiegend auftreten, ist noch ungeklärt. Möglicherweise spielt ein Selektionsvorteil durch die bessere Strahlungsabsorption in den klimatisch rauhen oder verschatteten Gebieten eine Rolle. In manchen Gegenden treten auch schwarze Ringelnattern auf, was die Unterscheidung für Nichtkenner erschwert.
Aspisviper (Vipera aspis)
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Beschreibung:
ca. 75 cm; grau bis braun mit dunklem Band aus meist versetzt zueinander angeordneten
Querbarren; Pupille senkrecht, Schuppen gekielt.
Vorkommen:
in Deutschland nur lokal im südlichen Schwarzwald, in Südeuropa weit
verbreitet.
Nahrung:
Mäuse, auch Eidechsen.
Schlingnatter/Glattnatter (Coronella austriaca)
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Beschreibung:
ca. 60-70 cm; graubraun, auch rötlich, mehr oder weniger deutliche dunkle
Rückenzeichnung (manchmal ähnlich Kreuzotter). Pupille rund, Schuppen
glatt.
Vorkommen:
vorzugsweise trockenes, hügeliges, gern steiniges Gelände; Waldränder,
buschreiche Wiesen, Gärten, Steinbrüche, Weinberge, Geröllhalden,
Hügel- und Bergland; in der Ebene gern an Geländeerhebungen (z. B.
Dämme).
Nahrung:
Eidechsen, Mäuse, kleine Schlangen.
Sonstiges:
lebt sehr versteckt, wird sehr oft mit der Kreuzotter verwechselt.
Ringelnatter (Natrix natrix)
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Beschreibung:
bis über 420 cm; grau auch bräunlich oder grünlich; zwei weiße/gelbliche
Flecken im Nacken, die auch fehlen können; an den Körperseiten manchmal
dunkle Fleckenreihenarren), Pupille rund, Schuppen gekielt.
Vorkommen:
vorzugsweise in gut strukturierten Feuchtgebieten (Flußufer, Teichanlagen
etc.), aber auch an trockenen Stellen (z. B. Weinberge); in ganz Baden-Württemberg,
in den Bergen bis ca. 1.000 m.
Nahrung:
vorzugsweise Frösche, auch Fische und Mäuse.
Sonstiges:
unsere bekannteste Schlange, entleert Stinkdrüsen beim Fang, zischt, kann
sich tot stellen.
Äskulapnatter (Elaphe longissima)
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Beschreibung:
unsere größte Schlange, bis über 160 cm; Oberseite braun, auch
grünlichgelb, hinten dunkler; Jungtiere gelbe Kopfflecken (wie Ringelnatter);
Pupille rund, Schuppen glatt.
Vorkommen:
in Baden-Württemberg nur lokal im Odenwald. Der Fundort bei Lörrach
ist erloschen. Sonnige, trockene, lichte Laubwälder; Wiesentäler;
Gärten; an altem Mauerwerk.
Nahrung:
Mäuse, auch Eidechsen, Vögel.
Sonstiges:
klettert gut, sehr ruhig, flieht selten.
Würfelnatter (Natrix tessellata)
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Beschreibung:
bis ca. 100 cm; hell- bis grünlichgrau, dunkle würfelförmig Flecken;
Unterseite grau bis rötlich und schwarz gewürfelt, Schuppen stark
gekielt, Pupille rund.
Vorkommen:
sehr selten, noch in wenigen großen Flußtälern in Rheinland-Pfalz.
Die Art fehlt in Baden-Württemberg, gefundene Tiere sind vermutlich ausgesetzt.
Nahrung:
Fische, Frösche.
Sonstiges:
stark ans Wasser gebundene Lebensweise.
Biotopschutz / Artenschutz
Die Lebensräume der Schlangen sind anfällig gegenüber Veränderungen. Zunehmende Verinselung durch Landschaftszerschneidung usw. gefährdet den Bestand.
- Verlust des Lebensraumes durch Bebauung, Durchschneidung und Trockenlegung.
- Verlust von offenen Biotopen durch Aufforstung (z. B. von Grenzertragsböden) und natürliche Sukzession; dadurch zunehmende Beschattung, Veränderung des Kleinklimas.
- Verlust von vielfältigen Strukturen (Buschwerk mit Steinhaufen, Randflächen an sonnenexponierten Lagen, Totholz, Feuchtgebiete etc.), welche in der Gesamtheit den Lebensraum charakterisieren.
- Beunruhigung durch Störungen, Erschlagen, sowie gezieltes Wegfangen (Reptiliensammler).
Mögliche Schutzmaßnahmen
- Ausweisung guter Lebensräume als Naturschutzgebiet oder Naturdenkmal.
- Erhalt von Überwinterungsplätzen in den bestehenden Biotopen (sonnenexponiertes Wurzelwerk, Geröll u. ä.).
- Erhalt von Eiablageplätzen für die eierlegenden Schlangen (Ringelnatter, Äskulapnatter, Würfelnatter). Diese bestehen meist aus feuchtwarmen Laub- und Heu-haufen u. ä..
- Verhinderung der Verschattung durch zunehmenden Bewuchs z. B. von lichten Waldrändern, Feldgehölzen, Lesesteinwällen, Wegrändern.
- Schaffung strukturreicher Areale auf extensiv oder nicht bewirtschafteten
Flächen (z. B. Steinhaufen als Wärmeinseln, Tot-holz); ideal ist ein
halbkreisförmiger Verlauf des Geländes, der ein Wandern
mit der Sonne (Ost-Süd-West) erlaubt.
- Anlage von Feuchtgebieten (auch klein-flächig) als Lebensraum bzw. Nahrungsort
(Amphibien).
- Schaffung von Übergangsbereichen als Puffer zwischen Biotopen und bewirtschafteter Fläche, um Beeinträchtigungen von außen entgegenzuwirken (z. B. an Mooren, Geröllhalden).
- Aufklärung über Ökologie, Gefährdung und tatsächliche Gefährlichkeit der heimischen Schlangen; z. B. in Schulen, Touristengebieten und Bereichen der Forst-und Landwirtschaft).
Verhalten unserer Giftschlangen
- Vipern greifen nicht an! In die Defensive gedrängt ziehen sie sich meist tellerförmig zusammen und stoßen gegebenenfalls mit dem Kopf vor.
- Der Abstand von einem Meter bietet dem Betrachter ausreichende Sicherheit.
- Vipern verfolgen niemanden! Falls Tiere in Richtung Betrachter kriechen, so liegt meist ihr Versteck zufällig in dieser Richtung.
- Hinweis für Beerensucher:
In Kreuzottergegenden Heidelbeersträucher mit einem Stock
schütteln (Lärm nützt nichts - Schlangen können nicht hören!)
Diese Tiere flüchten bei optischen Beunruhigungen sowie bei
starken Erschütterungen (fest mit dem Schuh auftreten).
AUTOR
TOBIAS HETZEL